G. B. Frescura


links: Giovanni Battista Frescura
links: Giovanni Battista Frescura

Giovanni Battista Frescura - Der Schliemann von Völs

Nach einem Artikel in Il Cadore, veröffentlicht im April 2009. Hier gekürzt und sprachlich angepasst. Im Original: "Der Schliemann aus Cadore"


Giovanni Battista wurde am 8. Juni 1921 in Calalzo di Cadore geboren. "Er war ein lebhaſtes Kind mit einer ausgeprägten intellektuellen Neugier und großem Wissensdrang. Nach der Grundschule begeisterte er sich für die griechische und römische Geschichte, insbesondere für die homerischen Helden, so sehr, dass selbst die Namen der Haustiere diese Leidenschaſt reflektierten", schreibt seine Tochter über ihren Vater.

Ein Zeitungsartikel porträtiert Frescura bei der Arbeit:

"Dort sitzt er in einem dunklen Graben, ein junger Mann im Unterhemd, von der Sonne gebräunt und voller Erde und Schlamm bis über die Augen. Es scheint so, als würde er die steilen Wände der Grube, in der er hockte, mit seiner Hacke buchstäblich streicheln, um ja nicht eventuelle Artefakte zu beschädigen, auf die sie treffen könnte."

Nach Entdeckung kleinerer Scherben kamen bei Frescuras erster Ausgrabung in Lagole schließlich am 3. April 1949 zwei Bronzestatuetten und ein mit einer Inschriſt versehener Keramikhenkel ans Licht. In einem Interview mit dem Archäologen Eugenio Padovan erinnerte sich Giovanni Battista Frescura:

"...Ich steckte diese gewichtigen Artefakte in meine Tasche und hatte nicht mehr den Mut, sie anzusehen, sie schienen mir so unglaublich. Ich dachte, ich hätte die Tore zur Hölle aufgetan, weiß Gott, was für Sakrileg! Das Entdeckerfieber hatte mich gepackt, aber auch Angst. Beides gleichzeitig. Ich schloss auch nicht die Möglichkeit aus, einem Fluch anheimgefallen zu sein, da ich, wer weiß, einen geheiligten Ort entweiht hatte. ... Es wurde mir klar, dass dieses Malheur eine Folge der Wirkung war, die diese Bronzefunde aus den Eingeweiden der Erde auf mich ausstrahlten. Ich habe weiter gegraben, weil Leidenscha und Neugier immer die Oberhand gewonnen haben."

Mit Zustimmung der Soprintendenza von Padua setzte er die Ausgrabungen fort. 1956 folgten weitere, eben die in Völs. Später wurde Frescura von der Soprintendenza in Padua angestellt, wohin er 1952 seinen Wohnsitz verlegt hatte und stellvertretender Chef der Ausgrabungen wurde, nachdem er regelmäßig nationale Wettbewerbe in Rom bestritten und bestanden hatte. Daraufhin nahm er an Ausgrabungen im gesamten Triveneto teil und eben auch in Völs.

Giovanni Battista Frescura verstarb nach einem intensiven Forscherleben am 25. Juni 1993. Just in dieser Zeit haben seine Kollegen Dal Ri und Tecchiati mit den Grabungen am Peterbühl das von ihm in den 1950er Jahren begonnenes Werk fortgeführt - wenn auch, zeitbedingt, nicht zu Ende bringen können.

Der Artikel lässt uns einem phantasievollen, sensiblen und hoch motivierten archäologischen Facharbeiter mit einer ausgeprägten Forscherseele begegnen. Stellen wir uns Frescura vor, wie er auf unbekanntem Terrain umgeben von womöglich nicht unbedingt sehr entgegenkommenden Dorfbewohnern - der Faschismus ist gerade mal ein Jahrzehnt vorüber - Tag um Tag in fremdem Boden gräbt. Es waren bis zu vier Arbeiter, die ihm als Tagelöhner zur Hand gingen, Einheimische, und es dauert zehn Tagebuch-Tage, bis er (1954) ihre Namen nennt: "Tiller Enrico, Mitterstiler Simomo, Goller Enrico, Gasser Francesco". Penibel notiert er Tag für Tag die Anzahl der Arbeitsstunden, es sind zumeist zehn, und den Arbeitslohn je Arbeiter für einen Tag: 3.200 Lire. 1956 waren es wieder Tirler Heinrich und Goller Heinrich, dazu kamen Holzknecht Franz und Kompatscher Michael. 1959, bei der dritten Grabungssequenz, arbeiteten Senoner Josef, später Prossliner Josef und Schroffenegger Franz. Ab und zu kam Ing. Innerebner vorbei und gab Anweisungen. Ein-, zweimal ließ sich auch Giulia Fogolari aus Padua blicken, die Ispettrice della Soprintendenza alle Antichità delle Venezie. Die Abende im Gasthaus Turm, wo Frescura logierte, waren in fortgeschrittener Jahreszeit bestimmt lang und es nimmt nicht Wunder, dass er in dunkeln Abendstunden Zeit und Muße fand, seine Tagebücher mit wunderschönen Zeichnungen von Strukturen und Fundgegenständen zu illustrieren.

Lassen wir uns in Würdigung eines bemerkenswerten Menschen und leidenschaſtlichen archäologischen Forschers die Ergebnisse dieser neun intensiven Grabungswochen nahebringen.

© 2021 Elmar Perkmann - elmar.perkmann@gmail.com
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